Intendant am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg (2000 bis 2005)
Das Deutsche Schauspielhaus, erbaut im Jahr 1900, hat als größte Sprechbühne Deutschlands mit zahlreichen namhaften Schauspielern und Regisseuren immer wieder für Aufsehen erregende Theatererlebnisse gesorgt. Zur Theaterlegende wurde Gustaf Gründgens´ Intendanz am Schauspielhaus mit dem Höhepunkt seiner Inszenierung von Goethes FAUST I und FAUST II (1957/58).
Mit der Spielzeit 2000/01 übernahm Tom Stromberg das Haus zu einem Zeitpunkt, an dem die Kunstform Theater einerseits mit seinen Staatsbühnen etablierter als je ist, andererseits aber auch mehr denn je in Frage gestellt wird. Die kleiner werdenden Kulturbudgets der Städte und ein vielfältiges konkurrierendes Kultur- und Unterhaltungsprogramm stellen das Theater vor die existenzielle Frage, wie es mit der Gefahr des Nischendaseins und der möglichen Überalterung seines Publikums umgehen kann.
Tom Stromberg beschleunigte den Gärungsprozess durch verschärfte Enthierarchisierungen von Räumen, Gattungen, Werken, Personal und Aufführungsformaten am Deutschen Schauspielhaus. Er holte junge, oft noch unbekannte Künstler ans Haus, richtete verschiedene neue Spielstätten ein und riskierte zahlreiche Uraufführungen selbst auf der großen Bühne. Wiebke Puls, Jana Schulz und Christiane von Poelnitz, Joachim Meyerhoff, Bernd Moss, Alexander Simon und viele andere Schauspielerinnen und Schauspieler verkörperten ein Theater im Aufbruch, das sich immer ungewohnt, überraschend und lebendig zeigte.
René Pollesch (WWW-SLUMS, SPLATTERBOULEVARD), Stefan Pucher (DIE MÖWE, OTHELLO), Jürgen Gosch (PUSH UP 1 – 3, VORHER/NACHHER, DER ZERBROCHNE KRUG, EIN SPANISCHES STÜCK), Ingrid Lausund (KONFETTI! EIN ZAUBERABEND FÜR POLITISCH VERWIRRTE), Sebastian Hartmann (PLATONOV, DIE GLASMENAGERIE), Laurent Chétouane (DON KARLOS, WOYZECK) und Jan Bosse (Oedipus, FAUST I) standen mit ihren Werken und Inszenierungen für ein Theater, das neue Wege beschreiten, sich einmischen und Grenzen einreißen wollte. Und Schorsch Kamerun (SPEZIALMENSCH) und Rocko Schamoni (PHÖNIX – WEM GEHÖRT DAS LICHT?) sorgten dafür, dass das Schauspielhaus nicht länger eine Stätte allein der sog. „Hochkultur“ blieb.
Trotz Anfeindungen durch die damalige Kultursenatorin und den Innensenator und trotz Abwanderung konservativ eingestellter Zuschauer kam es im Laufe der Spielzeiten zu kontinuierlich wachsender Akzeptanz und Begeisterung. Zunehmend wurde das Schauspielhaus auch von jungen kulturinteressierten Zuschauern entdeckt, die bisher nicht ins Theater gegangen waren. Mit Jan Bosses FAUST I-Inszenierung mit Edgar Selge als Faust und Joachim Meyerhoff in der Rolle des Mephisto gab es erstmals nach der legendären Inszenierung von Gründgens wieder einen FAUST am Schauspielhaus, der die Zuschauerschlangen vor der Kartenkasse ins Unendliche wachsen ließ. Die Schauspieler/innen und Regisseurinnen und Regisseure des Schauspielhauses setzten sich zunehmend auch in anderen Theatern durch. Einladungen zum jährlich stattfindenden Theatertreffen in Berlin folgten, und Stefan Puchers epochale Inszenierung von Shakespeares OTHELLO mit Alexander Scheer, Wolfram Koch und Jana Schulz in den Hauptrollen faszinierte 2005 Berlin.
Im Abschlussjahr von Tom Strombergs fünfjähriger Intendanz wurde das Deutsche Schauspielhaus zum „Theater des Jahres 2005“ und Tom Stromberg selbst zum „Hamburger des Jahres“ gewählt.