„Mehr rein als raus. Tom Stromberg, 39, Kulturchef der Weltausstellung in Hannover, über den umstrittenen Expo-Jingle der Gruppe Kraftwerk“. Der SPIEGEL 12.07.1999.
SPIEGEL: Herr Stromberg, Sie haben bei Kraftwerk eine kurze Erkennungsmelodie für die Expo 2000, einen sogenannten Jingle in Auftrag gegeben – zum Preis von 400 000 Mark. Wär’s nicht billiger gegangen?
Stromberg: Das ist eine sehr populistische Frage. Zunächst mal: Kraftwerk hat einen Jingle komponiert von sechsmal 4 Sekunden Länge, in sechs verschiedenen Sprachen, und eine Fassung von 15 Sekunden. Das Ganze ist kein Türgong.
SPIEGEL: In der Tat: Das Werk soll entstanden sein, als die Kraftwerk-Musiker mit viel Sekt den Expo-Auftrag feierten. Einem wurde schlecht; er sprach die goldenen Worte „Expo 2000“, so heißt es, über eine Kloschlüssel gebeugt aus, das wurde mitgeschnitten und diente als Grundlage des Jingles.
Stromberg: Das ist völliger Unsinn. Kraftwerk benutzt keine menschlichen Stimmen.
SPIEGEL: Jedenfalls will der NDR, immerhin Medienpartner der Expo, das Werk nicht im Radio spielen, und Bundeskanzler Schröder meint: „Dafür hätte ich nicht soviel Geld ausgegeben.“
Stromberg: Das sagt sich so locker dahin. Kraftwerk hat als Pionier der elektronischen Musik Weltgeltung und damit ihren Preis. Im übrigen kann ich zur Beruhigung beitragen: Es kommt hier eher mehr Geld für die Expo rein als ausgegeben wird.
SPIEGEL: Wofür braucht die Expo überhaupt einen Jingle?
Stromberg: Er dient als akustisches Erkennungszeichen, für Telefonwarteschleifen, als Ankündigungston, Pausenzeichen. So etwas gibt es heute überall: Zum Beispiel läuft im Pariser Flughafen vor Durchsagen ein prägnanter Erkennungston. Und was den Preis betrifft: Auf dem Markt werden ganz andere Summen gezahlt.
SPIEGEL: Dann sind Sie fast billig davongekommen?
Stromberg: Ich schmeiße kein Geld zum Fenster raus. Aber bei der Expo wird man nicht dafür bezahlt, daß man immer vorsichtiger wird.
SPIEGEL: Sie suchen die Provokation?
Stromberg: Natürlich braucht die Expo Diskussionen, sonst verkauft man keine 40 Millionen Tickets. Wenn einfach nur irgendwer einen Ping komponiert hätte, hätte das keinen interessiert. Jetzt wollen alle das Ding hören.